0:00:07.064,0:00:09.094 Ein schäbiger Mann Namens Estragon, 0:00:09.094,0:00:12.842 sitzt bei Dämmerung neben einem Baum[br]und versucht seine Schuh auszuziehen. 0:00:12.852,0:00:14.804 Sein Freund Vladimir kommt zu ihm, 0:00:14.804,0:00:17.104 und er errinert seinen ängstlichen Freund, 0:00:17.104,0:00:20.564 dass sie hier warten müssen[br]auf jemanden Namens Godot. 0:00:20.564,0:00:24.174 So beginnt ein frustrierender Zyklus, [br]bei dem die beiden darüber reden, 0:00:24.184,0:00:26.484 wann Godot kommen wird, wieso sie warten, 0:00:26.484,0:00:29.794 und ob sie überhaupt [br]beim richtigen Baum sind. 0:00:29.794,0:00:32.994 Von da an auf wird "Warten[br]auf Godot" nur noch seltsamer, 0:00:32.994,0:00:35.504 aber es wird als ein Stück betrachtet, 0:00:35.504,0:00:37.944 dass das Gescht des Modernen[br]Drama verändert hat. 0:00:37.944,0:00:41.963 Geschrieben von Samuel Beckett [br]zwischen 1949 und 1955, 0:00:41.963,0:00:45.623 wirft es eine simple, [br]aber aufrüttelnde Frage auf -- 0:00:45.623,0:00:49.873 was sollten die Figuren tun? 0:00:49.873,0:00:52.963 Estragon: Lass uns nichts tun. [br]Es ist sicherer. 0:00:52.963,0:00:56.663 Vladimir: Lass uns warten [br]und sehen, was er sagt. 0:00:56.663,0:00:57.993 Estragon: Wer? 0:00:57.993,0:00:59.663 Vladimir: Godot. 0:00:59.663,0:01:01.693 Estragon: Gute Idee. 0:01:01.693,0:01:04.223 So ein kryptischer Dialog[br]und kreisende Begründung 0:01:04.223,0:01:07.163 sind Hauptelemente des Absurden Theaters, 0:01:07.163,0:01:10.413 eine Richtung, die nach [br]dem Zweiten Weltkrieg entstand, 0:01:10.413,0:01:12.263 und Künstler suchten verzweifelt, 0:01:12.263,0:01:15.183 Sinn in Verwüstung zu finden. 0:01:15.183,0:01:19.343 Die Absurdisten dekonstruierten [br]die Handlung, Figuren und die Sprache, 0:01:19.343,0:01:21.853 um ihre Bedeutung zu hinterfragen 0:01:21.853,0:01:25.633 und um ihre tiefgreifende Unsicherheit[br]auf der Bühne zu teilen. 0:01:25.633,0:01:27.613 Auch wenn es düster klingt, 0:01:27.613,0:01:30.793 das Absurde vermischt[br]Hoffnugslosigkeit mit Humor. 0:01:30.793,0:01:33.823 Das wird in Beckets einmaligem[br]Zugang zur Gattung reflektiert, 0:01:33.823,0:01:35.493 mit Warten auf Godot, 0:01:35.493,0:01:39.633 die er bezeichnete als[br],,Tragikkomödie in zwei Akten". 0:01:39.633,0:01:42.083 Tragischerweise befinden sich die Figuren 0:01:42.083,0:01:45.203 in einem existenziellen Rätsel: [br]sie warten vergeblich 0:01:45.203,0:01:47.963 auf eine unbekannte Gestalt,[br]die ihnen Sinn vermittelt, 0:01:47.963,0:01:49.863 aber ihre einzige Bestimmnug 0:01:49.863,0:01:52.583 kommt vom Warten. 0:01:52.583,0:01:55.263 Während sie warten, versinken[br]beiden in Langeweile, 0:01:55.263,0:02:00.253 drücken religiöse Furcht aus[br]und denken über Selbstmord nach. 0:02:00.253,0:02:03.683 Komisch aber ist ihr rauer Humor[br]gegenüber ihrem misslichen Lage, 0:02:03.683,0:02:06.513 das durch ihre Sprache und Bewegungen [br]zum Vorschein kommt. 0:02:06.513,0:02:09.733 Ihre Interaktionen sind erfüllt[br]mit seltsamen Wortspielen, 0:02:09.733,0:02:11.613 Wiederholungen und Zweideutigkeiten, 0:02:11.613,0:02:14.723 und physischen Clownereien, [br]Gesang und Tanz 0:02:14.725,0:02:17.325 und hektischem Hütetausch. 0:02:17.325,0:02:19.955 Oft ist es unklar, ob das Publikum 0:02:19.955,0:02:22.835 lachen oder weinen soll -- oder ob Becket 0:02:22.835,0:02:25.855 irgendeinen Unterschied [br]zwischen den beiden sah. 0:02:25.855,0:02:27.915 In Dublin geboren, studierte er Englisch, 0:02:27.915,0:02:30.895 Französich und Italienisch [br]bevor er nach Paris zog, 0:02:30.895,0:02:33.605 wo er die meiste Zeit[br]seines Lebens damit verbrachte, 0:02:33.605,0:02:35.825 Theaterstücke, Gedichte[br]und Prosa zu schreiben. 0:02:35.825,0:02:38.575 Währen Beckett eine lebenslange[br]Liebe zur Sprache hatte, 0:02:38.575,0:02:42.835 machte er auch Platz für Stille,[br]durch das Einfügen von Lücken, 0:02:42.835,0:02:46.575 Pausen und Momenten[br]der Leere in seinen Werken. 0:02:46.575,0:02:50.265 Das war ein Kernelement [br]seines Markenzeichens, 0:02:50.265,0:02:53.155 ungleichmäßiges Tempo und schwarzer Humor, 0:02:53.155,0:02:56.405 beliebt im gesamten Absurden Theater. 0:02:56.405,0:02:58.885 Er schuf auch eIne mysteriöse Persona, 0:02:58.885,0:03:02.425 und lehnte es ab, Spekulationen[br]zu bestätigen oder zu widersprechen, 0:03:02.425,0:03:04.585 über die Bedeutung seiner Arbeit. 0:03:04.585,0:03:06.370 Das hielt das Publikum in Atem 0:03:06.370,0:03:09.395 und erhöte ihre Faszination[br]mit seinen irrealen Welten 0:03:09.395,0:03:12.427 und deren rätselhaften Figuren. 0:03:12.427,0:03:15.287 Der Mangel an klarer Bedeutung macht Godot 0:03:15.287,0:03:17.547 endlos offen für Interpretationen. 0:03:17.547,0:03:20.767 Kritiker haben endlose Beschreibungen [br]des Stücks geliefert, 0:03:20.767,0:03:24.387 was in einem Zyklus von Vieldeutigkeit[br]und Spekulation resultierte, 0:03:24.387,0:03:27.627 der die Handlung des Dramas spiegelt. 0:03:27.627,0:03:30.727 Es wurde als eine Alegorie [br]zum Kalten Krieg interpretiert, 0:03:30.727,0:03:33.217 zur Französischen Revolution 0:03:33.217,0:03:36.227 und zu Britanniens[br]Kolonisation von Irland. 0:03:36.227,0:03:38.317 Die Dynamik der zwei Protagonisten 0:03:38.317,0:03:40.467 hat eine intensive Debatte entfacht. 0:03:40.467,0:03:43.307 Sie wurden interpretiert[br]als Überlebende der Apokalypse, 0:03:43.307,0:03:45.817 ein alterndes Paar,[br]zwei impotente Freunde 0:03:45.817,0:03:51.537 und sogar als Personifizierungen[br]von Freuds Ego und Es. 0:03:51.537,0:03:53.707 Bekanntlich hat Beckett gesagt, 0:03:53.707,0:03:56.707 er sei sicher, dass Vladimir und Estragon 0:03:56.707,0:03:59.667 ,,Filtzhüte" tragen würden. 0:03:59.667,0:04:02.567 Wie die kritische Spekulation [br]und die verwirrende Handlung, 0:04:02.567,0:04:05.227 dreht sich ihre Sprache oft in Kreisen, 0:04:05.235,0:04:08.405 während sich die beiden zanken,[br]ihre Gedankengänge verlieren 0:04:08.405,0:04:11.285 und weiter machen, wo sie aufgehört haben: 0:04:11.285,0:04:14.335 Vladimir: Wir könnten vielleicht[br]nochmal von vorne anfangen. 0:04:14.335,0:04:16.475 Estragon: Das sollte leicht sein. 0:04:16.475,0:04:19.395 Vladimir: Der Anfang ist das Schwere. 0:04:19.395,0:04:21.815 Estragon: Du kannst von irgendwo anfangen. 0:04:21.815,0:04:24.285 Vladimir: Ja, aber du musst[br]dich entscheiden. 0:04:24.285,0:04:28.175 Becket zeigt uns,[br]dass wie unser tägliches Leben 0:04:28.175,0:04:31.245 die Welt auf der Bühne [br]nicht immer Sinn macht. 0:04:31.245,0:04:34.925 Es kann die Realität[br]und die Illusion erkunden, 0:04:34.925,0:04:37.025 das Bekannte und das Seltsame. 0:04:37.025,0:04:40.555 Auch wenn eine klare Geschichte [br]ihren Reiz hat, 0:04:40.555,0:04:45.575 dass beste Theater lässt uns[br]denken -- und warten.