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Die vergessene Geschichte des Autismus

  • 0:01 - 0:05
    Letztes Jahr, kurz nach Weihnachten,
    bekamen 132 Kinder
  • 0:05 - 0:07
    in Kalifornien die Masern
  • 0:07 - 0:09
    nach einem Besuch im Disneyland
  • 0:09 - 0:12
    oder durch Kontakt
    zu jemandem, der dort war.
  • 0:12 - 0:15
    Der Virus sprang über nach Kanada
  • 0:15 - 0:19
    und infizierte mehr als
    100 Kinder in Quebec.
  • 0:19 - 0:24
    Das Tragische an diesem Ausbruch ist,
    dass Masern für ein Kind
  • 0:24 - 0:28
    mit geschwächtem Immunsystem
    tödlich sein können,
  • 0:28 - 0:31
    es aber eine der am einfachsten
    vermeidbaren Krankheiten ist.
  • 0:31 - 0:33
    Ein wirkungsvoller Impfstoff
  • 0:33 - 0:37
    ist seit über 50 Jahren verfügbar,
  • 0:37 - 0:40
    aber viele Kinder des Disneyland-Ausbruchs
  • 0:40 - 0:42
    waren nicht geimpft,
  • 0:42 - 0:47
    weil ihre Eltern vor vermeintlich
    Schlimmerem Angst hatten:
  • 0:47 - 0:49
    Autismus.
  • 0:49 - 0:53
    Aber war nicht die Veröffentlichung,
    die die Debatte über Autismus
  • 0:53 - 0:55
    und Impfung auslöste,
  • 0:55 - 0:57
    vom British Medical Journal entlarvt,
  • 0:57 - 0:59
    zurückgezogen und als vorsätzlicher Betrug
  • 0:59 - 1:01
    offengelegt worden?
  • 1:01 - 1:03
    Wissen nicht die meisten erfahrenen Leute,
  • 1:03 - 1:07
    dass die Theorie, dass Impfungen
    Autismus verursachen, Blödsinn ist?
  • 1:08 - 1:09
    Die meisten von Ihnen wissen es,
  • 1:09 - 1:12
    aber Millionen Eltern weltweit
    haben immer noch Angst,
  • 1:12 - 1:16
    dass Impfungen zu Autismus
    bei ihren Kindern führen.
  • 1:17 - 1:18
    Wieso?
  • 1:19 - 1:20
    Ich möchte es Ihnen erklären.
  • 1:20 - 1:24
    Diese Grafik zeigt, dass die Häufigkeit
    von Autismus zunimmt.
  • 1:25 - 1:27
    Im 20. Jahrhundert galt Autismus
  • 1:27 - 1:31
    lange als ein sehr seltenes Leiden.
  • 1:31 - 1:35
    Die wenigen Psychologen und Kinderärzte,
    die davon gehört hatten, dachten,
  • 1:35 - 1:37
    sie würden in ihrem ganzen Leben
  • 1:37 - 1:40
    keinen einzigen Fall zu sehen bekommen.
  • 1:40 - 1:44
    Über Jahrzehnte blieb
    die Häufigkeit konstant
  • 1:44 - 1:47
    bei 3 oder 4 Kindern von 10 000.
  • 1:47 - 1:49
    Aber in den 1990er Jahren
  • 1:49 - 1:51
    stieg diese Zahl sprunghaft an.
  • 1:51 - 1:54
    Gemeinnützige Organisationen,
    wie Autism Speaks,
  • 1:55 - 1:58
    bezeichnen Autismus als eine Epidemie,
  • 1:58 - 2:01
    als ob man sich einfach bei einem Besuch
    in Disneyland anstecken könnte.
  • 2:01 - 2:03
    Also was ist da passiert?
  • 2:03 - 2:06
    Wenn es nicht die Impfungen sind,
    was ist es dann?
  • 2:06 - 2:10
    Wenn man die Leute in der Amerikanischen
    Gesundheitsbehörde CDC in Atlanta fragt,
  • 2:10 - 2:12
    wie das sein kann,
  • 2:12 - 2:16
    sagen sie etwas wie
    "erweiterte Diagnosekriterien"
  • 2:16 - 2:18
    und "bessere Diagnosemöglichkeiten",
  • 2:18 - 2:21
    um diese steigenden Zahlen zu erklären.
  • 2:21 - 2:23
    Aber diese Aussagen
  • 2:23 - 2:26
    zerstreuen nicht die Angst
    einer jungen Mutter,
  • 2:26 - 2:30
    die Augenkontakt
    mit ihrer 2-Jährigen sucht.
  • 2:30 - 2:33
    Wenn die Diagnosekriterien
    erweitert werden mussten,
  • 2:33 - 2:36
    warum waren sie dann ursprünglich so eng?
  • 2:36 - 2:41
    Warum fand man vor den 1990er Jahren
    kaum Fälle von Autismus?
  • 2:41 - 2:46
    Vor 5 Jahren beschloss ich,
    Antworten auf diese Fragen zu suchen.
  • 2:47 - 2:49
    Ich fand heraus, dass die Ursache
  • 2:49 - 2:53
    weniger im langsamen und
    vorsichtigen Fortschritt der Wissenschaft
  • 2:53 - 2:56
    als in der verlockenden Macht
    des Geschichtenerzählens liegt.
  • 2:57 - 3:00
    Die Ärzte erzählten
    eine Geschichte darüber,
  • 3:00 - 3:05
    was Autismus ist und
    wie es entdeckt wurde,
  • 3:05 - 3:08
    aber diese Geschichte
    erwies sich als falsch,
  • 3:08 - 3:11
    und die Folge war
    ein verheerender Einfluss
  • 3:11 - 3:13
    auf die globale öffentliche Gesundheit.
  • 3:13 - 3:17
    Es gab eine zweite, genauere Geschichte,
  • 3:17 - 3:19
    die in einer dunklen Ecke
  • 3:19 - 3:22
    der klinischen Literatur verlorenging
    und vergessen wurde.
  • 3:22 - 3:26
    Die zweite Geschichte erzählt
    uns alles, was passiert war,
  • 3:26 - 3:29
    und wie wir weitermachen müssten.
  • 3:29 - 3:33
    Die erste Geschichte beginnt mit
    einem Kinderpsychiater namens Leo Kanner
  • 3:33 - 3:36
    im John Hopkins Hospital.
  • 3:36 - 3:39
    1943 veröffentlichte Kanner einen Artikel,
  • 3:39 - 3:43
    in dem 11 junge Patienten
    beschrieben werden,
  • 3:43 - 3:46
    die in ihrer eigenen Welt lebten,
    und die Leute um sich herum ignorierten,
  • 3:46 - 3:48
    sogar ihre eigenen Eltern.
  • 3:48 - 3:51
    Sie beschäftigen sich stundenlang selbst,
  • 3:51 - 3:53
    indem sie vor dem Gesicht
    in die Hände klatschen,
  • 3:53 - 3:56
    aber sie gerieten
    durch Kleinigkeiten in Panik,
  • 3:56 - 3:59
    wenn sich z. B. ihr Lieblingsspielzeug
  • 3:59 - 4:01
    ohne ihr Wissen an einem
    anderen Platz befand.
  • 4:01 - 4:04
    Aufgrund der Patienten,
    die in seine Klinik kamen,
  • 4:04 - 4:07
    spekulierte Kanner,
    dass Autismus sehr selten sei.
  • 4:07 - 4:12
    Als Experte auf diesem Gebiet,
    hatte er bis in die 1950er Jahre
  • 4:12 - 4:17
    weniger als 150 echte Fälle
    mit "seinem" Syndrom gesehen,
  • 4:17 - 4:21
    und das, obwohl Betroffene
    aus aller Welt eingewiesen wurden.
  • 4:21 - 4:24
    Das ist nicht überraschend,
  • 4:24 - 4:27
    denn Kanners Kriterien
    für eine Autismusdiagnose
  • 4:27 - 4:29
    waren sehr selektiv.
  • 4:29 - 4:32
    Zum Beispiel bekamen Kinder
  • 4:32 - 4:35
    mit epileptischen Anfällen
    keine Autismusdiagnose.
  • 4:35 - 4:38
    Epilepsie kommt aber
    bei Autisten häufig vor.
  • 4:38 - 4:41
    Er prahlte sogar damit,
    dass er 9 von 10 Kindern,
  • 4:41 - 4:45
    die von anderen Psychiatern
    als autistisch angesehen wurden,
  • 4:45 - 4:48
    keine Autismusdiagnose gab.
  • 4:49 - 4:51
    Kanner war ein kluger Mensch,
  • 4:51 - 4:53
    aber einige seiner Theorien waren falsch.
  • 4:53 - 4:57
    Er klassifizierte Autismus als
    eine Form von kindlicher Psychose,
  • 4:57 - 5:01
    die von kalten und emotionslosen
    Eltern verursacht wurde.
  • 5:01 - 5:03
    Diese Kinder, so sagte er,
  • 5:03 - 5:07
    lebten in einem Kühlschrank,
    der nie abgetaut wurde.
  • 5:07 - 5:09
    Zur gleichen Zeit bemerkte Kanner,
  • 5:09 - 5:12
    dass einige seiner jungen Patienten
  • 5:12 - 5:15
    spezielle Fähigkeiten
    in bestimmten Bereichen hatten,
  • 5:16 - 5:19
    wie Musik, Mathematik oder Erinnerung.
  • 5:19 - 5:21
    Ein Junge in seiner Klinik
  • 5:21 - 5:26
    konnte 18 Sinfonien unterscheiden,
    bevor er zwei Jahre alt wurde.
  • 5:26 - 5:28
    Wenn seine Mutter eines
    seiner Lieblingsstücke auflegte,
  • 5:28 - 5:32
    sagte er ganz korrekt: "Beethoven!"
  • 5:32 - 5:35
    Aber Kanner spielte
    diese Fähigkeiten herunter,
  • 5:35 - 5:38
    er behauptete, dass diese Kinder
    nur nachplapperten,
  • 5:38 - 5:41
    was ihre wichtigtuerischen Eltern sagten,
  • 5:41 - 5:43
    um deren Anerkennung zu erhalten.
  • 5:43 - 5:49
    So wurde Autismus zu einer Sache, für die
    Familien sich schämten, die ein Makel war,
  • 5:49 - 5:51
    und zwei Generationen autistischer Kinder
  • 5:51 - 5:55
    wurden zu ihrem Besten
    in Anstalten abgeschoben
  • 5:55 - 5:58
    und somit unsichtbar
    für die Allgemeinheit.
  • 5:58 - 6:05
    Erst in den 1970ern begannen Forscher
    Kanners Theorie zu überprüfen,
  • 6:05 - 6:08
    dass Autismus selten sei.
  • 6:08 - 6:12
    Lorna Wing, eine Kognitionspsychologin
    in London, war der Meinung,
  • 6:12 - 6:16
    dass Kanners Theorie über
    Kühlschrank-Eltern "saublöd" sei,
  • 6:16 - 6:18
    wie sie mir sagte.
  • 6:18 - 6:21
    Sie und ihr Ehemann John waren
    warme und liebevolle Menschen,
  • 6:22 - 6:25
    und sie hatten eine hochgradig
    autistische Tochter, Susie.
  • 6:25 - 6:30
    Die beiden wussten, wie schwierig es ist,
    ein Kind wie Susie aufzuziehen,
  • 6:30 - 6:32
    ohne Betreuungsmöglichkeiten,
  • 6:32 - 6:33
    sonderpädagogische Förderung,
  • 6:33 - 6:37
    und andere Hilfen, die ohne Diagnose
    nicht zugänglich sind.
  • 6:38 - 6:41
    Um dem Nationalen Gesundheitsdienst
    überzeugende Argumente dafür zu liefern,
  • 6:41 - 6:45
    dass für autistische Kinder und ihre
    Familien mehr Unterstützung nötig ist,
  • 6:46 - 6:48
    taten Lorna und ihre Kollegin Judith Gould
  • 6:48 - 6:52
    was schon 30 Jahre eher
    hätte getan werden sollen.
  • 6:52 - 6:57
    Sie untersuchten die Häufigkeit
    von Autismus in der Bevölkerung.
  • 6:57 - 7:01
    Sie klapperten den Londoner
    Vorort Camberwell ab,
  • 7:01 - 7:05
    um autistische Kinder zu finden.
  • 7:05 - 7:10
    Ihre Beobachtungen zeigten,
    dass Kanners Modell viel zu eng war,
  • 7:10 - 7:15
    während der echte Autismus
    viel bunter und vielfältiger war.
  • 7:15 - 7:17
    Einige Kinder konnten nicht sprechen,
  • 7:17 - 7:23
    während andere ausführlich
    über Astrophysik, Dinosaurier
  • 7:23 - 7:25
    oder königliche Stammbäume schwärmten.
  • 7:25 - 7:30
    Diese Kinder passten nicht
    in irgendwelche Schubladen,
  • 7:30 - 7:32
    so Judith [Gould],
  • 7:32 - 7:34
    und sie sah viele Kinder,
  • 7:34 - 7:38
    viel mehr, als Kanners
    starres Modell vorhersagte.
  • 7:38 - 7:41
    Zunächst wussten sie nicht,
    wie sie diese Daten deuten sollten.
  • 7:41 - 7:44
    Wie konnte es sein, dass diese Kinder
    vorher niemand bemerkt hatte?
  • 7:44 - 7:48
    Doch dann fand Lorna einen Hinweis
    auf einen Artikel, der im Jahr 1944
  • 7:48 - 7:51
    auf Deutsch veröffentlicht worden war,
  • 7:51 - 7:53
    ein Jahr nach Kanners Artikel,
  • 7:53 - 7:55
    und dann vergessen wurde --
  • 7:55 - 7:57
    begraben mit der Asche
    einer schrecklichen Zeit,
  • 7:57 - 8:00
    an die sich niemand erinnern
    oder darüber nachdenken wollte.
  • 8:00 - 8:03
    Kanner wusste von diesem
    konkurrierenden Artikel,
  • 8:03 - 8:07
    aber vermied es sorgfältig, diesen
    in seiner eigenen Arbeit zu erwähnen.
  • 8:08 - 8:10
    Er wurde nie ins Englische übersetzt,
  • 8:10 - 8:13
    aber glücklicherweise sprach
    Lornas Ehemann Deutsch
  • 8:13 - 8:16
    und übersetzte den Artikel für sie.
  • 8:16 - 8:20
    Der Artikel lieferte eine alternative
    Beschreibung von Autismus.
  • 8:20 - 8:22
    Der Autor, ein Mann namens Hans Asperger,
  • 8:22 - 8:26
    führte in den 1930er Jahren in Wien
  • 8:26 - 8:28
    eine Kombination aus Klinik und Internat.
  • 8:28 - 8:32
    Aspergers Ansichten zum Unterricht für
    Kinder mit unterschiedlichem Lernverhalten
  • 8:32 - 8:35
    waren fortschrittlich,
    selbst für die damalige Zeit.
  • 8:35 - 8:40
    Der Tag begann an seiner Klinik
    mit Turnübungen zu Musik,
  • 8:40 - 8:43
    und an Sonntagnachmittagen
    spielten die Kinder Theater.
  • 8:43 - 8:47
    Statt die Eltern zu beschuldigen,
    die Ursache für den Autismus zu sein,
  • 8:47 - 8:51
    sah Asperger es als eine lebenslange,
    polygenetische Behinderung,
  • 8:51 - 8:55
    die mitfühlende Unterstützung
    und Unterbringung
  • 8:55 - 8:59
    während der ganzen Lebenszeit benötigt.
  • 8:59 - 9:01
    Statt die Kinder in seiner Klinik
    wie Patienten zu behandeln,
  • 9:01 - 9:04
    nannte Asperger sie
    seine "kleinen Professoren",
  • 9:04 - 9:09
    und gewann ihre Hilfe für die Entwicklung
    von Unterrichtsmethoden,
  • 9:09 - 9:11
    die für sie besonders geeignet waren.
  • 9:11 - 9:16
    Asperger betrachtete den Autismus
    als vielfältiges Kontinuum,
  • 9:16 - 9:22
    mit einer erstaunlichen Spannbreite
    zwischen Begabung und Behinderung.
  • 9:22 - 9:25
    Er glaubte, dass Autismus
    und autistische Züge häufig seien,
  • 9:25 - 9:27
    und es schon immer waren.
  • 9:27 - 9:32
    Er sah Aspekte dieses Kontinuums bei
    bekannten Vertretern der Populärkultur,
  • 9:32 - 9:35
    wie dem in Gesellschaft
    unbeholfenen Wissenschaftler
  • 9:35 - 9:37
    oder dem gedankenverlorenen Professor.
  • 9:37 - 9:39
    Er war sogar der Meinung,
  • 9:39 - 9:43
    dass für Erfolg in Kunst und Wissenschaft
  • 9:43 - 9:46
    eine Brise Autismus nötig zu sein schien.
  • 9:46 - 9:48
    Lorna und Judith erkannten,
  • 9:48 - 9:51
    dass Kanner sich bezüglich
    der Seltenheit von Autismus
  • 9:51 - 9:54
    und der Verursachung
    durch die Eltern geirrt hatte.
  • 9:54 - 9:56
    In den nächsten Jahren
    arbeiteten sie stillschweigend
  • 9:56 - 9:59
    mit der Amerikanischen Psychiatrischen
    Gesellschaft zusammen,
  • 9:59 - 10:02
    um die Diagnosekriterien zu erweitern
  • 10:02 - 10:06
    und die Vielfalt darzustellen,
    die sie "Autismus-Spektrum" nannten.
  • 10:06 - 10:09
    In den späten 1980er
    und frühen 1990er Jahren
  • 10:09 - 10:11
    wurden ihre Änderungen wirksam.
  • 10:11 - 10:13
    Kanners begrenztes Modell wurde
  • 10:13 - 10:17
    gegen Aspergers weites und
    einschließendes Modell ausgetauscht.
  • 10:17 - 10:19
    Diese Veränderungen geschahen
    nicht in einem Vakuum.
  • 10:19 - 10:23
    Zufälligerweise, während Lorna
    und Judith hinter den Kulissen
  • 10:23 - 10:25
    die Kriterien überarbeiteten,
  • 10:25 - 10:30
    sahen Menschen in der ganzen Welt
    zum 1. Mal einen autistischen Erwachsenen.
  • 10:30 - 10:34
    Vor dem Film "Rain Man" im Jahr 1988,
  • 10:34 - 10:38
    wusste nur ein kleiner Kreis von Experten,
    was Autismus war,
  • 10:38 - 10:43
    aber nach der unvergesslichen Darstellung
    des Raymond Babbitt durch Dustin Hoffman
  • 10:43 - 10:46
    für die "Rain Man" vier Oscars bekam,
  • 10:46 - 10:49
    wussten Kinderärzte, Psychologen,
  • 10:49 - 10:54
    Lehrer und Eltern auf der ganzen Welt,
    was Autismus war.
  • 10:54 - 10:56
    Zufälligerweise zur gleichen Zeit gab es
  • 10:56 - 11:02
    die ersten einfachen klinischen Tests,
    um Autismus zu diagnostizieren.
  • 11:02 - 11:07
    Man brauchte nicht länger eine Verbindung
    zu diesem kleinen Expertenkreis,
  • 11:07 - 11:09
    damit das Kind beurteilt wurde.
  • 11:09 - 11:11
    Die Kombination aus "Rain Man",
  • 11:11 - 11:16
    den veränderten Kriterien
    und der Einführung dieser Tests
  • 11:16 - 11:18
    bewirkte einen Netzwerk-Effekt,
  • 11:18 - 11:21
    eine Verkettung von Umständen,
    die Autismus ins Bewusstsein rückten.
  • 11:21 - 11:24
    Die Anzahl der Diagnosen stieg an,
  • 11:24 - 11:30
    wie Lorna und Judith es vorausgesagt,
    ja, es gehofft hatten,
  • 11:30 - 11:32
    damit Autisten und deren Familien endlich
  • 11:32 - 11:36
    die Unterstützung und die Leistungen
    bekamen, die ihnen zustanden.
  • 11:36 - 11:38
    Dann kam Andrew Wakefield
  • 11:38 - 11:42
    und schrieb die Erhöhung
    der Diagnosen den Impfungen zu,
  • 11:42 - 11:47
    eine einfache, mächtige
    und verführend glaubwürdige Geschichte,
  • 11:47 - 11:49
    die so falsch war wie Kanners Theorie,
  • 11:49 - 11:51
    dass Autismus selten wäre.
  • 11:51 - 11:55
    Wenn die Schätzung des CDC korrekt ist,
  • 11:55 - 11:59
    dass eines von 68 Kindern
    in den USA autistisch ist,
  • 11:59 - 12:03
    dann sind die Autisten eine der größten
    Minderheitengruppen der Welt.
  • 12:03 - 12:07
    In den letzten Jahren haben sich Autisten
    im Internet zusammengefunden,
  • 12:07 - 12:09
    um die Vorstellung zurückzuweisen,
  • 12:09 - 12:13
    sie seien Rätsel, die man mit Hilfe eines
    medizinischen Durchbruchs lösen müsste,
  • 12:13 - 12:15
    und prägten den Begriff "Neurodiversität",
  • 12:15 - 12:19
    um die Vielfalt menschlicher
    Wahrnehmung zu preisen.
  • 12:19 - 12:22
    Das menschliche Gehirn
    mit Betriebssystemen zu vergleichen,
  • 12:22 - 12:25
    ist eine Möglichkeit,
    Neurodiversität zu verstehen.
  • 12:25 - 12:30
    Nur weil ein Computer kein Windows hat,
    heißt das nicht, dass er kaputt ist.
  • 12:30 - 12:34
    Nach autistischen Maßstäben ist
    das normale menschliche Gehirn
  • 12:34 - 12:36
    leicht ablenkbar,
  • 12:36 - 12:38
    zwanghaft sozial
  • 12:38 - 12:41
    und hat die Schwäche,
    nicht auf Details zu achten.
  • 12:41 - 12:43
    Autisten haben es schwer.
  • 12:43 - 12:46
    Sie leben in einer Welt,
    die nicht für sie gemacht ist.
  • 12:46 - 12:50
    [70] Jahre später versuchen wir immer noch
    den Anschluss an Asperger zu finden,
  • 12:51 - 12:54
    der glaubte, dass die "Heilung"
    der am stärksten behindernden Aspekte
  • 12:55 - 12:57
    des Autismus
    durch verständnisvolle Lehrer,
  • 12:58 - 13:00
    anpassungsfähige Arbeitgeber,
  • 13:00 - 13:02
    unterstützende Gemeinschaften
  • 13:02 - 13:05
    und Eltern geschieht, die an
    die Fähigkeiten ihrer Kinder glauben.
  • 13:05 - 13:08
    Ein autistischer Mann namens
    Zosia Zaks sagte einmal:
  • 13:08 - 13:13
    "Wir brauchen alle Mann an Deck,
    um das Schiff der Menschheit aufzurichten.
  • 13:13 - 13:16
    Wir segeln in eine ungewisse Zukunft,
  • 13:16 - 13:19
    darum brauchen wir jede Form
    menschlicher Intelligenz auf dem Planeten,
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    um gemeinsam die Aufgaben zu meistern,
    vor denen die Gesellschaft steht.
  • 13:25 - 13:28
    Wir können es uns nicht leisten,
    ein Gehirn zu verschwenden."
  • 13:28 - 13:30
    Danke.
  • 13:30 - 13:34
    (Applaus)
Title:
Die vergessene Geschichte des Autismus
Speaker:
Steve Silberman
Description:

Vor einigen Jahrzehnten hatten nur wenige Kinderärzte etwas von Autismus gehört. Im Jahr 1975 wurde eines von 5 000 Kindern als autistisch angesehen. Heute ist eines von 68 Kindern im autistischen Spektrum. Was verursachte diesen steilen Anstieg der Fälle? Steve Silberman zeigt die Verkettung von Umständen, die Autismus ins Bewusstsein rückten – zwei Ärztinnen, die eine offenere Anschauung anboten, ein unerwarteter Moment in der Populärkultur und ein neuer klinischer Test. Um es jedoch tatsächlich zu verstehen, müssen wir weiter zurückgehen, nämlich bis zu dem österreichischen Arzt Hans Asperger, der im Jahr 1944 einen bahnbrechenden Artikel publizierte. Da dieser Artikel lange Zeit verschollen blieb, gab es über den Autismus so viele Missverständnisse. (Dieser Vortrag war Teil einer TED2015-Session, kuratiert vom Pop-Up-Magazin: popupmagazine.com oder @popupmag auf Twitter.)

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Video Language:
English
Team:
closed TED
Project:
TEDTalks
Duration:
13:48
Nadine Hennig edited German subtitles for The forgotten history of autism
Nadine Hennig edited German subtitles for The forgotten history of autism
Nadine Hennig approved German subtitles for The forgotten history of autism
Nadine Hennig edited German subtitles for The forgotten history of autism
Nadine Hennig edited German subtitles for The forgotten history of autism
Nadine Hennig edited German subtitles for The forgotten history of autism
Angelika Lueckert Leon accepted German subtitles for The forgotten history of autism
Angelika Lueckert Leon edited German subtitles for The forgotten history of autism
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