-
Hallo, ich heiße Joanne Faryon.
-
Willkommen zur heutigen Spezialausgabe von "Wenn das Immunsystem versagt"
-
Die Keuchhusten Epidemie
-
Wir untersuchen den schwersten Keuchhustenausbruch in Kalifornien
-
seit den letzten 60 Jahren
-
Warum ist eine Krankheit die vor 30 Jahren beinahe ausgemerzt war
-
jetzt wieder auf dem Vormarsch, nicht nur in Kaliforien sondern auch
-
in anderen Teilen der USA?
-
Was wir herausgefunden haben dürfte Sie überraschen.
-
Dringende Fragen ergeben sich darüber, wie gut
-
der Impfstoff gegen diese Krankheit vorbeugt;
-
Fragen die die Gesundheitsämter selbst nur
-
schleppend angehen.
-
KPBS hat sich mit dem Watchdog Institute,
-
einem Zentrum für Investigativen Journalismus von der
-
Universität San Diego und dem
-
Niederländischen Worldwide Radio zusammengetan um diese Geschichte zu erzählen.
-
Eine Geschichte die uns durch Kalifornien führte
-
und bis nach Amsterdam.
-
Doch wir beginnen erstmal in einem Kreissaal
-
in San Diego, wo eine Mutter gerade ihren
-
dritten Sohn zur Welt gebracht hat.
-
[ Babyschreien ]
-
Matthew Jacob Bryce wurde am 11. Oktober 2010 geboren.
-
Ein gesundes Baby, der dritte Sohn für Cindy nd Marlon Bryce
-
Matthew zeigte erste Anzeichen einer
-
Erkältung als er gerade zwei Wochen alt war.
-
Die Bryce Familie wusste, dass etwas nicht stimmte.
-
MARLON BRYCE: Es schien als ob sich
-
diese Erkältung nur auf seine Atmung gelegt hatte.
-
FARYON: Die Familie wusste aus Nachrichtenberichten von
-
der Keuchhusten-Epidemie in Kalifornien.
-
REPORTER: Gesundheits-Beamte bestätigen, dass mehr als 6400
-
Keuchhustenfälle in diesem Jahr aufgetreten sind.
-
FARYON: und auch vom Kinderarzt.
-
BRYCE: Wir hörten kein Keuchen oder
-
es hiess immer "da ist ein Keuchen oder Husten"
-
doch Matthew hatte keinen Husten oder irgendwas anderes
-
bloß war diese Erkältung da.
-
FARYON: Matthew's Kinderarzt vermutete
-
Keuchhusten- auch Pertussis genannt.
-
Sie machte einen Abstrich aus Matthew's Nase fuer's Labor
-
und setzte Matthew auf Antibiotika-Therapie.
-
Nach einer Woche, als Matthew gerade mal 23 Tage alt war
-
erhielt Cindy Bryce einen Anruf
-
vom Kalifornischen Gesundheitsamt.
-
Die Diagnose war Keuchhusten
-
M. BRYCE: Von dem Moment an befürchtete ich gleich
-
das Schlimmste, denn wir hörten all die Nachrichten
-
von Babies die daran gestorben waren.
-
FARYON: Von Januar bis Oktober diesen Jahres
-
starben 10 Neugeborene in Kalifornien an Keuchhusten,
-
zwei davon im Bezirk von San Diego.
-
Mehr als 7000 Kinder und Erwachsene
-
erkrankten an Keuchhusten - die grösste Zahl
-
seit mehr als 60 Jahren.
-
Wie kommt es dass Matthew und so viele andere sich eine Krankheit zugezogen haben gegen
-
die normalerweise mit einer Impfung vorgebeugt werden kann?
-
Heute Abend stellen wir die Wirkung dieses
-
Impfstoffes in Frage.
-
Eine 4-monatige Untersuching von KPBS und dem Watchdog Institute
-
ergab, dass viele Patienten die mit Keuchhusten diagnostiziert wurden,
-
dagegen geimpft waren.
-
Wir zeigen auch wie amtliche Zahlen von Keuchhusten-
-
Patienten nicht auf dem neuesten Stand sind und häufig
-
unvollständig sind, was mit Verlaub die Frage aufbringt:
-
Wer überhaupt protokolliert diese Epidemie?
-
Wir zeigen auf wie manche Experten
-
die die Impfstoffpolitik beeinflussen, finanziell an
-
Impfstoffhersteller gebunden sind.
-
Und wir folgen der Bryce Familie beim bewältigen der
-
Diagnose und den Rückfällen ihres Sohnes.
-
Keuchhusten, starker Husten, der Hundert-Tage-Husten;
-
sind alles Bezeichnungen für Pertussis.
-
DR.JAMES CHERRY: Wir wissen ehrlich gesagt nicht was den Keuchhusten
-
verursacht...
-
es gibt keinen vergleichbaren Husten.
-
FARYON: Pertussis ist eine Atemwegserkrankung, die durch
-
das Bakterium Bordetella pertussis ausgelöst wird.
-
Als erstes kann es wie eine einfache Erkältung erscheinen.
-
Aber im späteren Verlauf entsteht ein starker, anhaltender Husten,
-
ein Husten der die Kinder nach Luft schnappen lässt-
-
was das typische Keuchhusten-Geräusch erzeugt.
-
Für Erwachsene hingegen ist es nur eine Unpässlichkeit.
-
Tatsächlich haben Wissenschaftler geschätzt, dass die Krankheit bei mehr als 80%
-
der Erwachsenen nie erkannt wird,
-
weil die meisten Leute annehmen, dass sie nur eine schwere Erkältung haben.
-
Aber für Kleinkinder kann Keuchhusten tödlich sein
-
besonders, wenn es nicht im Frühstadium diagnostiziert wird.
-
DR. JAMES CHERRY: Bei einer Infektion
-
wird man die Bakterien schließlich los und es geht einem besser.
-
Aber hier ist es langwierig, die meisten Fälle...
-
der Großanteil der Keuchhustenfälle bei Kindern
-
dauert ein bis zwei Monate an.
-
DR. FRITS MOOI: Nach einer Keuchhusten-Infektion
-
kommt es häufig zu einer Superinfektion, wie z.B. Lungenentzündung
-
das ist um es genau zu nehmen die Hauptkomplikation.
-
FARYON: Kleine Babies schaffen es nicht das Bronchialsekret abzuhusten
-
das Sekret sammelt sich in der Lunge an, das dann wiederum eine Lungenentzündung hervorrufen kann
-
und das Atmen erschwert.
-
Eine frühzeitige Antibiotikagabe ist ausschlaggebend in dieser Altersgruppe.
-
In den späten 70er Jahren galt Keuchhusten als fast ausgerottet,
-
da es Massenimpfungen gab,
-
aber irgendwie kam es nach Kalifornien und anderen
-
durchgeimpften Städten und Gemeinden über all auf der Welt zurück.
-
Aber genau über den Grund warum es ein so rachevolles "comeback" hat sind sich zwei
-
der weltführenden Wissenschaftler auf dem Gebiet Keuchhusten uneinig.
-
Dr. James Cherry von UCLA:
-
Der Hauptgrund hierfür ist eine erhöhte Achtsamkeit.
-
FARYON: und Dr.Frits MOOI vom niederländischen Zentrum zur
-
Kontrolle von Infektionskrankeiten sagt dazu:
-
MOOI: wir haben tatsächlich eine Mutation in dem Bakterium gefunden.
-
FARYON: Dr.Mooi und Dr. Cherry begannen beide ihre Forschungsarbeit
-
um Keuchhusten circa vor 30 Jahren.
-
Cherry in den U.S.A und Mooi in den Niederlanden.
-
Die beiden Wissenschaftler kennen jeweils die Arbeit des anderen.
-
CHERRY: Erstmal möchte ich sagen, seine Arbeiten auf dem Gebiet der Mikrobiologie,
-
sind erstklassig.
-
Da gibt's gar keine Frage.
-
Ich denke nur einige seiner klinischen Daten, die er veröffentlicht hat
-
sind nicht sehr gut.
-
MOOI: Ich kommuniziere nicht allzu oft mit ihm, dennoch hat er
-
in Zeitschriften behauptet ich hätte die Epidemiologie verpfuscht.
-
Das ist nicht sehr hilfreich.
-
FAYRON: Um zu verstehen, warum diese beiden Experten nicht einer Meinung sind,
-
muss man ein bißchen über die Geschichte des
-
Keuchhustenimpfstoff Bescheid wissen.
-
ANSAGER: Da die meisten ernsten Fälle schon vor dem Schulalter auftreten,
-
kann eine Impfung während der Schulzeit schon zu spät sein.
-
FARYON: Das Keuchhusten-Bakterium wurde erstmals 1906
-
in Belgien isoliert.
-
Zu dieser Zeit war die Krankheit eine der
-
Hauptursachen für Kindstod.
-
ANSAGER: 1921 sind 316 Kinder aus
-
Michigan an Keuchhusten verstorben.
-
Letztes Jahr konnte diese Zahl auf 63 Todesfälle reduziert werden.
-
Die Entdeckung führte zum Versuch einen Impfstoff zu entwickeln.
-
Dennoch dauerte es bis in die späten vierziger Jahre bis Forscher einen Impfstoff
-
entwickelten der effektiv genug war Keuchusten vorzubeugen.
-
Jedoch im Gegensatz zur Krankheit,
-
gefährdet ein Impfstoff nicht das Leben.
-
FARYON: Die USA begannen 1946 mit Massenimpfungen
-
und die Zahl der Keuchhustenfälle sank dramatisch.
-
Vor der Impfung war die Krankheitsrate
-
157Fälle auf 100 000 Einwohner.
-
In den 70iger Jahren in denen grossangelegte Impfaktionen stattfanden
-
bekam weniger als ein Einwohner von hunderttausend Einwohnern Keuchhusten.
-
aber der Impfstoff war auch umstritten.
-
Die ersten Versionen wurden mit Nebenwirkungen
-
wie langanhaltendes Schreien und Krämpfen bei Babies in Verbindung gebracht.
-
Bis zum Jahr 1996 genehmigte die FDA einen neuen Keuchhusten-Impfstoff.
-
Genannt die azelluläre Version.
-
Das bedeutet der Impfstoff besteht nur aus gereinigten Komponenten
-
der Krankheitserregers.
-
Der Impfstoff galt als sicherer und wurde mit nur
-
wenigen und milden Nebenwirkungen in Verbindung gebracht.
-
heutzutage benutzten die USA nur den azellulären Impfstoff.
-
Aber als die USA den Impfstoff wechselte
-
geschah etwas anderes
-
Gesundheitsbeamte im Ganzen land berichteten von einer ansteigenden Zahl
-
von medizinisch bestätigten Keuchhustenfällen.
-
Und in einem staatlichen Labor, ungefähr 30 Minuten weg von Amsterdam,
-
entdeckte eine Gruppe von Wissenschaftlern noch etwas anderes -
-
das Bakterium, das Keuchhusten verursacht
-
fing an etwas anders auszusehen.
-
MOOI: Diese neue Mutation hatte den Effekt, dass das Bakterium nun
-
mehr Pertussis-Toxin produzierte als vorher.
-
FARYON: Nur ob die Mutation schuld ist ,
-
zumindest teilweise, an der Epidemie in Kalifornien
-
und anderen Ausbrüchen anderswo auf der Welt ist die Hauptfrage
-
in der Keuchhusten-Debatte.
-
Dr. Mooi glaubt das dies der Fall ist, aber nicht Dr. Cherry.
-
CHERRY: Auch wenn diese Fälle vorgefallen sind gibt es
-
keinerlei Beweise das es zu vermehrten Impfversagen kam.
-
FARYON: Hier im Bezirk von San Diego sind mehr als 85 Prozent
-
der Kinder geimpft.
-
Tatsächlich sind weniger als drei Prozent
-
der Kinder die mit dem Kindergarten beginnen nicht geimpft
-
wegen der persönlichen Einstellung ihrer Familien gegenüber Impfungen.
-
Trotz der hohen Impfrate,
-
hat San Diego die zweit höchste Zahl an
-
medizinisch bestätigten Keuchhustenfällen in Kalifornien.
-
Dr. Dean Sidelinger ist San Diego's
-
Amtsarzt.
-
DR. DEAN SIDELINGER: Dies ist eine Krankheit
-
die sehr leicht von einer infizierten Person
-
auf eine andere Person übertragen werden kann.
-
Also wenn Sie oder ich hier während des Interviews
-
Keuchhusten hätten wäre die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass wir
-
es auf andere Personen übertragen.
-
Sidelinger meint, dass früher
-
die Zahl der Keuchhustenfälle im Sommer stark anstieg
-
und gegen Herbst weniger wurden, aber dieses Jahr war das nicht der Fall.
-
SIDELINGER: Mit der Zeit sehen wir immer mehr Fälle.
-
Wir wissen, dass das öffentliche Bewusstsein hier eine Rolle spielt, da wir über
-
Keuchhusten reden wissen mehr Leute Bescheid und befragen ihre Ärzte
-
und Ärzte befragen ihre Patienten darüber
-
wir werden gehäuft Fälle sehen und der Trend hielt an.
-
FARYON: Ende November 2010 waren fast 1000 Kleinkinder,
-
Kinder und Erwachsene im Bezirk von San Diego positiv auf
-
Keuchhusten getestet worden.
-
Mehr als die Hälfte von ihnen war geimpft.
-
Unsere Nachforschungen ergaben,
-
dass dieser Trend in ganz Kalifornien anhält.
-
KPBS und The Watchdog Institute haben Daten von
-
9 Bezirken in Kalifornien gesammelt, die eine
-
der höchsten Infektionsraten vermelden.
-
Unsere Nachforschung zeigt auf, wo die Impfgeschichte bekannt ist, dass
-
zwischen 44 und 83 Prozent der Leute die
-
mit Keuchhusten diagnostiziert wurden, eigentlich geimpft waren.
-
Wir sahen auch in den Archiven
-
des kalifornischen Gesundheitsamtes nach.
-
In den Fällen wo eine Impfgeschichte vorlag,
-
waren mehr als 80 Prozent der infizierten Leute geimpft gewesen.
-
DR. MARK HORTON: Von Seiten der Epidemiologie-Experten und der
-
Impfstoff-Experten war das durchaus erwartet worden.
-
FARYON: Dr. Mark Horton ist der Direktor
-
der kalifornischen Gesundheitsbehörde.
-
HORTON: